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nebel

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Nebelbildung auf dem Meer – Gefahren, Entstehung und meteorologische Bedingungen

1. Bedeutung und Gefahren

Nebel ist definiert als eine Ansammlung feinster Wassertröpfchen in der bodennahen Luftschicht, die die horizontale Sichtweite auf unter 1 km reduziert.
Auf See stellt Nebel eine der größten navigations- und kollisionsrelevanten Gefahren dar:

  • Verlust der visuellen Orientierung (Küsten, andere Fahrzeuge, Seezeichen).

  • Gefahr der Kollision – insbesondere in viel befahrenen Seegebieten oder Fahrwassern.

  • Erschwerte Radarinterpretation durch Seegang und Feuchtigkeit.

  • Erhöhtes Risiko bei Annäherung an Küsten, Häfen oder Untiefen.


2. Häufigkeit und typische Auftretenszeiten

Nebel tritt besonders häufig auf:

  • Frühjahr bis Frühsommer – wenn sich Luft- und Wassertemperaturen stark unterscheiden.

  • Nach klaren, windstillen Nächten – durch Abkühlung der Luft auf den Taupunkt.

  • Morgens und in den frühen Vormittagsstunden, oft Auflösung im Verlauf des Tages durch Sonneneinstrahlung.

  • In bestimmten Regionen:

    • Nordsee: v. a. im Frühjahr.

    • Ostsee: seltener, aber lokal möglich.

    • Mittelmeer: selten, meist Dunst oder Strahlungsnebel über Land, nicht auf offener See.

    • Atlantik: besonders häufig im Sommer vor Neufundland (sog. Advektionsnebel bei Labradorstrom/Golfstrom).


3. Arten von Nebel auf See

a) Advektionsnebel (Seenebel)

Der klassische Seenebel.
Entsteht, wenn warme, feuchte Luft über kälteres Wasser strömt → die Luft kühlt bis zum Taupunkt, der Wasserdampf kondensiert.

Beispiel:
Warme Südwestströmung über kaltes Nordseewasser im Frühjahr → dichter, anhaltender Seenebel.

Bedingungen:

  • Lufttemperatur > Wassertemperatur um mind. 2–5 °C

  • Relative Luftfeuchtigkeit nahe 100 %

  • Leichter Wind (2–4 Bft): genug, um Durchmischung zu gewährleisten, aber nicht stark genug, um den Nebel zu zerstreuen.

  • Temperaturdifferenz Luft–Wasser entscheidend: je größer sie ist, desto dichter und langlebiger der Nebel.

Dauer:
Stunden bis Tage – besonders bei stabilen Hochdrucklagen mit gleichbleibender Luftmasse.


b) Strahlungsnebel

Entsteht durch nächtliche Auskühlung der Luft über Land – die bodennahe Luftschicht erreicht den Taupunkt.
Kann bei Windstille über das Meer hinauswehen, löst sich nach Sonnenaufgang meist rasch auf.

Bedingungen:

  • Klare Nächte, Wind < 2 Bft

  • Temperaturabsenkung auf den Taupunkt

  • Stabile Luftschichtung, keine Durchmischung

Dauer:
Kurzlebig, meist in den frühen Morgenstunden.


c) Verdunstungsnebel (Dampfnebel)

Entsteht, wenn kalte Luft über warmes Wasser zieht → Verdunstung erhöht lokale Luftfeuchtigkeit → Kondensation.
Typisch im Herbst und Frühwinter, wenn kalte Polarluft über relativ warmes Meerwasser strömt.

Beispiel:
Kalter Nordostwind über Ostsee im Spätherbst.

Kennzeichen:

  • Dünne Nebelfetzen über der Wasseroberfläche („Seerauch“)

  • Kurze Dauer, örtlich begrenzt


4. Meteorologische Größen und Schwellenwerte

Größe Bedeutung Typische Werte / Schwellen
Taupunkt (Td) Temperatur, bei der die Luft gesättigt ist (100 % rel. Feuchte) Wenn T – Td < 1 °C, Nebel wahrscheinlich
Relative Feuchte (rF) Verhältnis von aktuellem Wasserdampfgehalt zur Sättigung Nebel bei rF > 95 %
Temperaturdifferenz Luft–Wasser (ΔT) Entscheidend für Seenebel Warm über kalt → Nebelgefahr ab ΔT ≥ 2–3 K
Windstärke Fördert oder zerstört Nebel Optimal 2–4 Bft; > 5 Bft = meist Auflösung
Sonneneinstrahlung Erwärmt Luft, fördert Verdunstung → Nebelauflösung Vormittags oft Auflösung durch Konvektion
CAPE (Convective Available Potential Energy) Relevanz gering – Nebel entsteht bei stabiler Schichtung (CAPE ≈ 0 J/kg) Hoher CAPE → eher Gewitter, nicht Nebel
Potentielle Äquivalenttemperatur (θₑ) Maß für Feuchte und Stabilität Homogene, hohe θₑ bei Seenebel, stabile Schichtung
Luftdrucklage Hochdruck begünstigt Nebel durch Absinken, Windstille Tiefdruck = mehr Durchmischung, weniger Nebel

5. Erkennung und Prognose für den Segler

  • Synoptische Lage:
    Warme Luftströmung über kaltes Wasser → Advektionsnebel wahrscheinlich.

  • Wetterberichte und GRIB-Daten:
    Beachte Temperatur Luft/Wasser, Feuchte, Taupunkt, Windrichtung.

  • Visuelle Anzeichen:

    • Trübung am Horizont, milchiger Dunst.

    • Allmähliche Sichtverschlechterung, besonders in Strömungsrichtung.

  • Instrumentell:

    • Hygrometer und Thermometer (T und Td vergleichen).

    • Radar- und AIS-Kontrolle verstärken.

    • Nebelsignal und Schallsignale nach KVR!


6. Praktische Maßnahmen bei Nebel

  • Geschwindigkeit reduzieren, Ausguck verstärken.

  • Radar, AIS, GPS, Kartenplotter, ggf. Echolot aktiv nutzen.

  • Schallsignale nach KVR Regel 35 (z. B. alle 2 Minuten 1 langer Ton für Maschinenfahrzeuge in Fahrt).

  • Kollisionslicht und Navigationsbeleuchtung prüfen.

  • Wenn möglich: Kurs in offenes Wasser, vermeide Küstennähe.


7. Zusammenfassung

Nebeltyp Ursache Häufigkeit Dauer Typische Jahreszeit
Advektionsnebel Warme feuchte Luft über kaltem Meer sehr häufig Stunden bis Tage Frühjahr/Sommer
Strahlungsnebel Nächtliche Abkühlung mäßig kurz (Morgenstunden) Frühjahr/Herbst
Verdunstungsnebel (Seerauch) Kalte Luft über warmem Wasser selten kurz, lokal Herbst/Winter

 

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Kurz-Zusammenfasseng für den Kartentisch (doppelseitig als PDF)

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